Hallo,
vor etlichen Jahren hatte ich die sehr alte Gleichstromlok 757 erworben und dann eigentlich aufgegeben, da ich sie nicht richtig zum Laufen brachte. Die Lok lief immer erst mit sehr hoher Spannung an, vor allem in Kurven (und ist anschließend entsprechend schnell).
Mein VT50 und eine alte B-Lok sind in dieser Hinsicht auch nicht gut, haben aber doch günstigere Voraussetzungen, z. B. wegen geringerem Gewicht.
Ich habe die 757 mir jetzt wieder vorgenommen und weiterhin keine Ursache gefunden. Ich kann eigentlich ausschließen, dass es an folgenden Fehlermöglichkeiten liegt:
- Schwergängigkeit durch mangelnde Schmierung.
- Kohlen oder Federdruck; ich habe hier mit unterschiedlichem Federdruck experimentiert.
- Schmutz zwischen den Kollektorsegmenten; die Zwischenräume habe ich gereinigt.
- klemmendes Getriebe; mit ausgebautem Rotor habe ich die Leichtgängigkeit auch durch Drehen
von den Rädern her überprüft, zusätzlich an jeder Zahnradpaarung das Spiel separat geprüft.
- klemmende Kuppelstangen; in allen Radstellungen habe ich auf der Schiene die Kuppelstangen
auf das Vorhandensein eines minimalen Spiels geprüft (früher hatte ich sie auch komplett abgebaut).
- Streifen des Rotors am Magnetsegment; der Rotor läßt sich völlig frei ohne Berührung drehen.
- beschädigte Ankerwicklung; der elektrische Widerstand zwischen den 3 Kollektorsegmenten
liegt 2 x bei etwa 3,6 Ohm, 1 x bei 3,4 Ohm (etwas wenig für den Gleichstromrotor). Ein versuchsweise eingebauter anderer Rotor führte kaum zu einer Verbesserung.
- Magnetposition: müßte nach Bildervergleich o.k. sein (und sitzt straff).
Ich bin hier mit meinem Latein am Ende.
Was übersehe ich, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass die Lok schon damals in den 50ern ladenneu so fuhr ?
Ist es vielleicht eine Schwächung des Magneten im Laufe der Zeit ? Dann gibt es aber vermutlich keine Abhilfe, denn ein anderes Segmentpaket und Magnet verhielt sich identisch.
Da ich keine Möglichkeit zu einer Getriebeänderung sehe, ohne dass dieses Sammlermodell dann keines mehr ist, habe ich daher einen Versuch mit einer Wicklungsänderung des Ankers gemacht.
Die kurze Theorie:
das Stillstandmoment, was zu erhöhen ist, hängt von der Windungszahl der Spule und von der Stromstärke ab (bei gegebener Permanentmagnetstärke).
Bei einer Erhöhung der Windungszahl steigt jedoch der ohmsche Widerstand, für eine gleiche Stromstärke wäre somit auch der Drahtdurchmesser zu erhöhen. Daher ist der steigende Platzbedarf für die Spule das Kriterium, wollte man die Stromstärke beibehalten.
Zu beachten ist dabei auch die erreichbare Drehzahl: mit einer Erhöhung der Windungszahl steigt entsprechend die sogenannte Gegeninduktivität; sie wirkt der angelegten Spannung entgegen. Mehr Windungen lassen die Drehzahl somit sinken, was bei diesem Motor aber erwünscht ist.
Meine Auswahl fiel auf den Drahtdurchmesser 0,10 mm (Kupferlackdraht Conrad-Nr. 607525-62). Dieser scheint minimal dünner zu sein als der Originaldraht. Mit Hilfe einer Nagelschere wurde die alte Wicklung abgenommen. Um mehr Platz für die Spule zu schaffen, habe ich auf der Ritzelseite (dort entsteht die Engstelle zur Motorplatte) mit einer Minibohrmachine und Schleifscheibe die dicke Isolierung weggenommen, aber auch bewußt etwas ins Metall geschliffen. Versehentlich so weit, bis die 1. dünne Metalllage abging, was dann also an allen 3 Auslegern so gemacht werden mußte. Die scharfen Kanten müssen mit der Schleifscheibe noch entschärft werden, immer auf Abstand zum Ritzel achten. Isoliert wrd dann mit feinem Pinsel und Uhu Plus, welches sich mit Warmmachen des Rotors und des Klebers (Föhn) fast wie ein Lack auftragen läßt.
Nach der Trocknung (im Backofen, sonst 1 Tag später) wird der Draht an die 1. Lötstelle angelötet (dazu den Draht leicht anschaben) und mit dem Wickeln begonnen. Mein Ziel waren 18 Ohm an der Einzelspule (entspricht ca. 12 Ohm später am fertigen Rotor zwischen den Segmenten, da dann ja eine Parallelschaltung zu den beiden anderen Spulen entsteht). Zur Kontrolle wird nach einiger Zeit der Lack an einer Stelle minimal geschabt (bloß nicht den Draht abreißen) und mit dem Fluke der Widerstand zur Lötstelle geprüft.
Sinngemäß wird dies an allen 3 Auslegern wiederholt, die Wickelrichtung darf natürlich nicht geändert werden. Es hört sich langwieriger an, als es ist. So manche Bastelarbeit dauert weit länger.
Das Wickeln sollte wegen dem Platzproblem aber möglichst gleichmäßig erfolgen. Die 1. Spule bestimmt dabei den Widerstand, der dann für die beiden Folgespulen vorgegeben ist.
Wer will, kann noch auswuchten (ich habe es gemacht): den Anker auf 2 Rasierklingen legen, so dass die schwerste Seite immer nach unten läuft. Gegenüberliegend ein entsprechendes (winziges) Stückchen Blei gegen das Segment kleben; zunächst zum Ausloten nur mit Fett fixieren. Wenn die Austrimmung paßt, richtig verkleben. Dies ist aber mühsam, ich glaube, es lohnt nicht (der Kleber muß ja auch wieder erst aushärten).
Der Anker wird mit der dünnen Distanzscheibe am Ritzel (beim Ausbau schon darauf achten und sichern) wieder montiert und auf Freigängigkeit geprüft.
Das Ergebnis: Die Lok läuft jetzt in der Ebene immerhin meist bei etwa 3,5 V an (mittlere Spannung, mit Drehspulmeßgerät und Halbwellentrafo 5503 gemessen).
Sie läuft langsamer und mit weniger Geschwindigkeitsabfall durch Kurven und Steigungen; paßt auch sonst mit verringerter Stromaufnahme besser in einen Anlagenbetrieb. Die umgerechnete Höchstgeschwindigkeit liegt unbelastet noch bei ca. 160 km/h.
Meine Wickelrichtung war allerdings falsch; die Lok lief andersherum. Dies habe ich nachträglich an den Motoranschlüssen korrigiert (Masseverbindung ist aufzutrennen, 1 Kabel ist zu verlängern).
Gibt es von Euch Erfahrungen zu diesem Motor bzw. dieser schweren Uralt-Lok ?
Gab es vielleicht schon einmal Austauschanker, so dass ich mir die Mühe hätte sparen können ?
Viele Grüße
Uwe