Hallo zusammen,
ich habe kürzlich eine BR 71 (756) in der Bucht erworben, die einen sehr versteckten Fehler zeigte. In der Beschreibung mit „läuft gut“ angegeben (was ich dem Verkäufer glaube, da der Fehler auf dem allerersten Meter nicht auftrat), zeigte sie dagegen bei mir auf dem Gleis meist nichts als Kurzschluß.
Nun ja, ich denke, dass ich Fehler recht gut herausfinden kann und ging davon aus, dass die Ursache leicht zu finden und dann auch einigermaßen schnell behoben ist.
Pustekuchen !
Immer, wenn sie auf dem Arbeitstisch lag, funktionierte alles. Mit 2 spannungsführenden Litzen am Außenschleifer und am Mittelschleifer also alles o.k. Die Mittelschleifer sind wie üblich elektrisch mit der Masse verbunden (Rahmen, Gehäuse, usw.). Dadurch kann die entsprechende Litze für einen laufenden Motor genauso gut auch an die verschiedenen Rahmenteile gehalten werden, wodurch sich beim Suchen dann zeigte, dass auch die Kuppelstangen Masse führen. Ein Ohmmeter unterstützte die Suche.
Scheinbar ein klarer Fall, denn Masse an den Kuppelstangen gibt es z.B. an einer BR 64 nicht, und führt bei Verbindung mit dem Rad natürlich zum Kurzschluß. An der BR 64 ist der Zylinderblock zum Rahmen isoliert (somit auch die Kuppelstange).
An den einfachen B-Kupplern befindet sich die Isolierung alternativ in der Kuppelstange selbst (besser gesagt Treibstange) durch eine Isolierhülse im Schraubzapfenauge. Meine BR 71 hat hier dagegen keine Isolierhülsen.
Ein probeweises Abschrauben der Treibstange ließ die BR 71 dann wie erwartet auch auf dem Gleis laufen, was mich nun zunächst erst Recht an eine fehlende Isolierung zwischen Zylinderblock und Rahmen glauben ließ.
Man erkennt dann aber schließlich, dass dies an der BR 71 gar nicht ausreichen würde, da außer dem Rahmen auch das masseführende Lokgehäuse mit den Zylinderblöcken Kontakt hat.
Wo auf dem Weg vom Rahmen über die Treibstange zum Rad hat also die verdammte Isolierung zu liegen, die jetzt fehlte ?
Weiteres Suchen nach diesem Irrweg zeigte, dass ohne Treibstange eine Berührung der Masselitze an den Radlaufflächen natürlich nicht zum Motorlauf führte, was aber nur bewies, dass die Isolierung zwischen Achse und Radstern o.k. ist.
Eigentlich o.k.
Aber mit aufgeschraubter Treibstange dann doch wieder das Gegenteil; Kurzschluß.
Des Rätsels Lösung hat nun mit der Besonderheit des Kuppelrades dieser Lok zu tun. Das Rad ist im Prinzip dreiteilig (ohne die Isolierungen betrachtet); eine spurkranzverstärkende Innenscheibe ist gegen den Radstern (mit seiner Lauffläche und äußerem Spurkranzteil) über einen dünnen Ringstreifen isoliert, denn die Innenscheibe führt Masse.
Der Radstern ist nicht mit einer einfachen zylindrischen Buchse zur Achse isoliert, sondern zu einem Rad-Innenteil (das 3. Teil), welches ovalähnlich so geformt ist, dass es auch gleich das Gewinde der Treib- und Kuppelstangen-Schraube aufnimmt.
Ein Bild zur Verdeutlichung:
Dieses Radinnenteil führt Masse zusammen mit der Achse (und mit der Kuppelstangen-Schraube) und braucht somit eine spezielle Isolierung zum Radstern. Grundsätzlich sehe ich dieses Prinzip jetzt ansonsten nur bei der alten 2C1-Lok 757; sonst nirgends.
Das Problem meiner Lok ist nun, dass erst beim Festziehen der also korrekt masseführenden Kuppelstangenschraube offenbar ein Span oder irgendwas im inneren Teil mit dem Radstern in Berührung kommt und somit zum Kurzschluß führt. Lockere ich die Schraube ganz geringfügig, ist dies schon nicht mehr der Fall und der Kurzschluß weg. Betroffen ist das Rad hinten rechts.
Da ich das Rad nicht abziehen und zerlegen möchte, denn ein anschließendes Taumeln wäre wohl sicher, ist meine „Abhilfe“ nun die, dass hier die Schraube nicht ganz festgezogen und stattdessen mit spezieller Kleberanwendung gesichert ist (so, dass sie für alle Fälle noch demontierbar bleibt).
Es stellt sich für mich die Frage, ob nicht mehr Trixer ihre Lok mit gleichem Problem abgestellt haben. Immerhin sehe ich an meiner Lok auch auf der anderen Seite (links) Stellen am Rad und eine nicht originale Kuppelstangenschraube mit Schlitz statt Sechskant, die auch an diesem Rad auf Reparaturen hindeuten. Natürlich weiß ich nicht, ob aufgrund des gleichen Problems.
Übrigens handelt es sich hier um die Radausführung noch ohne Haftreifen. Ob evtl. unzulässige Montagetoleranzen bei der späteren Ausführung ausgeglichen wurden, läßt sich natürlich für mich auch nicht sagen.
Oder gibt es evtl. Schrauben mit unterschiedlichen Gewindelängen, die hier zum Einsatz kamen ? (optisch sieht die Schraube für mich aber völlig plausibel für die Radstärke aus).
Aufschluß geben könnte evtl. auch eine Explosions-Zeichnung des Rades.
So viel erst einmal zum Radkurzschluß. Zu anderen Besonderheiten und Empfindlichkeiten der BR 71 gehe ich in einem weiteren Beitrag dann noch einmal ein. Immerhin habe ich noch eine weitere BR 71 (mit Haftreifen), die ich vor ca. 2 Jahren woanders, aber auch in der Bucht, erworben hatte. Und mühsam wieder zu einer Lok machen mußte, denn der wahre Rahmenzustand war verschwiegen worden.
Meine allererste BR 71 aus der Auktion damals von Tony Matthewman im Jahr 2002 -viele werden sich erinnern- in Wechselstromausführung war so schlimm, dass ich für viele Jahre die Finger von diesem Loktyp ließ.
Wer den Katalog von damals hat: es war die Versteigerungs-Nr. 18021.
U.a. mit defektem Motor, natürlich mangels Wissen nicht angegeben. Dabei wurde diese Sammlung von Tony damals vorher hoch gepriesen; gerade hinsichtlich der technischen Pflege der Loks, vermutlich kam er aber tatsächlich mit diesem problematischen Modell überhaupt nicht klar.
Diese Lok hatte ich dann nach kurzer Zeit entnervt verschenkt (verkauft habe ich noch nie etwas), heute könnte ich den Motor mit Ohmmeter usw. einigermaßen problemlos reparieren.
Viele Grüße
Uwe