"Viele Einmal-Angebote und Sonderwagen, um schnell Geld zu verdienen" ...
... aus immer den gleichen Formen , nur neu lackiert: typische Beispiele sind Kühlwagen und Kesselwagen ohne konkretes Vorbild.
Mir sagte vor wenigen Jahren mal der Verkäufer eines Modellbahngeschäfts, dem auch das Vorbild interessiert: "Wenn ich zum Bahnhof gehe, kann ich dort entweder einen Intercity-Zug mit der BR 101 oder einen Intercity 2 mit einem Steuerwagen an einem Ende fotografieren. So wie ich, sehen auch sehr viele Kinder DIESE Züge, kommen in den Laden und möchten genau diese Züge, die sie HEUTE gesehen haben, im Modell auf ihrer Anlage fahren lassen. Diese Züge, die jeden Tag durchs Land fahren, kann man mit dem Märklin-Standardangebot nicht (im Fall des ICE2 nicht mehr im Katalog) bzw. nicht komplett (im Fall des IC mit der 101 fehlt der Speisewagen) nachbilden. Dafür gibt es viele Sonderserien in riesigen Kartons. Wagensets, die häufig für Kinderhände zu empfindlich sind oder dessen Ladegut in der nächsten Kurve im Graben landet. Kinder kaufen keine Wagen im Set. Vielmehr kaufen sie sich Wagen für Wagen von ihrem Taschengeld.
Aber man hat mit immer größerer Hektik Neuheiten herausgebracht. Man hat den Umsatz gehalten, weil immer weniger Modellbahner (-Sammler) immer mehr Neuheiten kauften, die es "morgen" vielleicht nicht mehr gibt und die dann als Rarität eine Wertsteigerung (!) erfahren. Trotz vieler Neuheiten, die im Frühjahr auf der Spielwarenmesse vorgestellt wurden, reichte das vermutlich nicht für die Auslastung der Jahresproduktion aus. Da mußten auf einmal "Herbst-Neuheiten" her.
Der Verkäufer: "Wenn Sie nicht alle 4 Wochen bei uns vorbeischauen, werden Sie sicherlich eine Neuheit verpassen". Mit den Neuheiten war es wie bei einem Karussell, das sich immer schneller dreht. Dann gab es auf Ausstellungen Sonderwagen, die man nur da kaufen konnte. Wer nicht selbst dort war, mußte sie sich umständlich via Ebay beschaffen. Irgendwann ist dann das Modellbahn-Zimmer voll oder der Geldbeutel leer. Und so sind immer mehr von dem Karussell herunter gesprungen.
Die Älteren werden sich noch an Röwa erinnern. Zum Schluß jagte eine Preiserhöhung die nächste. Aber Neuheiten waren nur noch in neue Farbtöpfe getauchte "Altheiten".
Auch an Merker & Fischer erinnert man sich in diesem Zusammenhang. Die Bausätze folgten in immer schnellerer Folge und waren nie richtig ausgereift. Mit Vorbestellpreisen, bzw. Ankündigungen, dann und dann werden sie noch teuer, hat man die Modellbahner zum Kauf verführt. Die wenigen Modellbahner, die sie zusammenbauen konnten, kamen mit dem Zusammenbau schließlich nicht mehr nach und so findet man heute noch bei Ebay gelegentlich Bausätze von M+F, die noch nicht angerührt wurden. Und da es die damaligen Bausätze inzwischen als Großserienmodell gibt, ist heute der Zusammenbau auch nicht mehr sinnvoll. Herr Merker hat dann nach einem Herzinfarkt, den Vertrieb der Bausätze eingestellt, die Formen nach England verkauft und sich auf die Zeitschrift konzentriert.
Kurz vor dem Ende von Liliput jagten sich auch die Neuheiten. Liliput verlegte sich in den letzten Jahren überwiegend auf große, teure Lokomotiven (BR 05, 18.3, 18.4, 45). Wagen wurden eher vernachlässigt. Schlechte Qualität der Antriebe und Preiserhöhungen - Liliput war damals bei den Lokomotiven "Preisführer" - führten auch da in die Pleite.
Im Gegensatz zu den einfachen Gleichstrom-Motoren anderer Hersteller braucht eine Lok für das Wechselstrom-System immer etwas zum Schalten der Fahrtrichtung. Ob es nur ein simpler elektromechanischer Umschalter oder eine Digital-Elektronik ist: es kostet Geld und verteuert die Lokomotive gegenüber den Wettbewerbern.
Dann verfiel man auf Dinge wie den beweglichen Pantograph bei der 103 und Geräusch-Schnickschnack, mit dem die an sich alten Modelle aufgemotzt wurden, weil bei der Elektronik die Wertschöpfung besonders groß ist.
Und Artikel, die zum Katalogprogramm gehören, waren nicht lieferbar......
@ Heiko
Die alte "Rüben-V100" ist deswegen so teuer, weil man nach Erfahrungen bei der Fertigung anderer Trix-Modelle wegen des bei Märklin verlorengegangenen Nürnberger Wissens sehr viel nachbessern mußte (Beispiel Ae6/6). Wenn man dann immer noch etwas verdienen will, muß man das eben von Anfang an einplanen. Zwar sind die Trix-Loks wegen der vielen Schrauben zwar gut zu zerlegen, aber der Zusammenbau kostet Zeit und Geld(!). Trix verwandte unmagnetische Schrauben, die nicht am (magnetischen) Schraubenzieher haften bleiben: so muß jede Schraube mühevoll in sein Loch gefummelt werden.
Die Erben sind an der Firma wenig interessiert. Solange Geld fließt, kann man sich seinen anderen Interessen und Hobbys widmen. Erinnert sei an die Geschichte, die sich vor gut einem Jahr vor dem Amtsgericht Garmisch-Patenkirchen ereignete. Der mit Zweitwohnsitz im Werdenfelser Land ansässige Claudius Märklin (der sich jetzt sperrt) war bei einem Oldtimer-Rennen an einer Ampel an einen anderen Autofahrer geraten. Wer nun Recht hatte, interessierte das Gericht nicht, wohl aber der Faustschlag von Claudius Märklin in das Gesicht des Kontrahenten. Bekanntlich wird die Strafe in Tagessätzen bemessen, wobei die Tagessätze sich nach dem Einkommen bemessen. Claudius Märklin behauptete vor Gericht 1800 Euro monatlich zu verdienen und bat um Ratenzahlung. Schließlich machte das Gericht dem Gefeilsche ein Ende und machte den Vorschlag 50 Tagessätze zu je 60 Euro und ein Monat Fahrverbot. Zähneknirschend nahm Märklin das Urteil an und meinte, daß das Fahrverbot aber sehr hart sei, schließlich müsse er zwischen den Niederlassungen pendeln. Ein Fahrer scheide aus: "Früher hatten wir sogar fünf, heute keinen mehr", sagte er.
Und bei einem Verdienst von 1800 Euro im Monat kann man sich auch keine Märklin-Modellbahn leisten, dann kann man auch nur mit alten Autos fahren
"Eine, oder zwei Generationen bauen die Firma unter viel Anstrengung auf, die nächsten ein, oder zwei Generationen machen das Unternehmen groß, die dann folgende frißt die Arbeit der Ahnen auf und wundert sich, daß nichts übrig bleibt."
Aber heute sind viele Firmen noch kurzlebiger. Denke mal an Grundig: innerhalb eines halben Jahrhunderts Aufstieg aus dem Nichts (kurz nach dem Krieg) zum größten deutschen Hersteller für Unterhaltungselektronik - und dann in die Pleite.
Man spricht von dem Pionierunternehmen, das ein neues Produkt (z.B. Videorekorder) marktreif macht, am Markt einführt und in dieser Marktphase (auch dank Patentschutz) gutes Geld damit verdient. In der folgenden der Phase der Marktdurchdringung hängen sich viele andere Hersteller an den fahrenden Zug. Der Preis für das Produkt fällt. Irgendwann ist das Produkt veraltet und der Absatz geht zurück. In dieser Phase des schrumpfenden Marktes werden die Hersteller immer weniger. Ein gut geführtes Unternehmen sieht das Schrumpfen des Marktes voraus und versucht rechtzeitig ein gänzlich neues Produkt (z.B. DVD-Rekorder) zu entwickeln und in den Markt einzuführen und überläßt den Nachahmern das alte Produkt.
Bei Märklin hat sich auf manchen Gebieten seit der Aufnahme der H0-Modellbahnfabrikation nichts geändert und man ist praktisch nur mit einem einzigen Produkt am Markt: Modelleisenbahn.
Wenn Kinder nicht mehr Modellbahnen verlangen, sondern Handys und Spielkonsolen, dann muß man so etwas produzieren. Die Firma Balda stellte mal Fotoapparate her, sie überlebte und stellt heute Handy-Schalen her.
Georg